ring ring im ZÜRITIPP No. 47/2024
Mini-Ausstellungsräume in Zürich – vom Pissoir bis zum Schaukasten Ein WC an der Langstrasse wird zum Kunsthäuschen. Auch Schaufenster werden als kleine Kunsträume genutzt und Werke rund um die Uhr für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Ring Ring, die Plattform für zeitgenössische Kunst, ist in einer alten Telefonkabine untergebracht. Am 4. Juli 2021 um 23.58 Uhr hat die Künstlerin und Galeristin Johanna Bossart auf Ricardo eine Telefonkabine ersteigert, die sie 2023 als Ausstellungsraum auf dem Gelände des Basislagers stellte. Die Telefonkabine als Ort des Austauschs und der Kommunikation spielt in den Ausstellungen oft eine Rolle.
Kleinste Kunsträume in Schaufenstern sind Mini-Museen, die zwar nicht zu betreten, aber dennoch rund um die Uhr sichtbar sind. Oft werden diese kleinen Kunstorte neben all den ganzen Galerien oder Museen übersehen. Was diese Schaufenster schaffen, ist, Kunst in die Öffentlichkeit zu bringen und für alle zugänglich zu machen.
Textauszug aus: ZÜRITIPP No. 47/2024 von Moira Jurt
ring ring im Kunstbulletin 7-8/2023
Zürich — Seit 2016 gehören Telefonkabinen nicht mehr zur Grundversorgung der Schweizer Bevölkerung. Geht eine kaputt, wird sie nicht mehr repariert. So sterben sie langsam, aber sicher aus. Dafür lässt es sich!– was viele nicht wissen dürften!– in den noch funktionstüchtigen Kabinen umsonst telefonieren. Ein letzte gratis Dienstleistung, bevor die Kleinstarchitekturen zum Denkmal erstarren. Die Zürcher Künstlerin Johanna Bossart interessiert sich für Objekte und ihre Geschichte und ersteigerte 2021 auf Ricardo eine Telefonkabine. Diese steht nun auf dem Gelände des Basislagers in Zürich West, eine temporäre Siedlung mit zahlreichen Künstler:innen-Ateliers, und lebt als ‹ring ring› weiter. Sechs Kunstschaffende lädt Bossart pro Jahr ein, um in der Kabine eine ortsspezifische Arbeit umzusetzen und Kunst in den öffentlichen Raum zu tragen. Den Auftakt machte der Zeichner und Performer Peti Wiskemann mit dem ‹Homo Telefonicus›. Aus gefundenen Holzstühlen baute er eine telefonierende Figur und tapezierte die Rückwand mit Papier, auf die er mit Tusche fragmentarische Texte über das Telefonieren schrieb, auch eine Reminiszenz an die berühmten Telefonkritzeleien. Ab Juni lässt die Videokünstlerin Silvia Bopp einen computergenerierten Dialog über Telefonbestellungen, Sprache und so einige Missverständnisse aus diesem dem Tod geweihten Stück Architektur schallen und macht klar: Diese Kabine wird nicht so schnell Ruhe geben.
Textauszug aus: Kunstbulletin 7-8/2023 von Meret Arnold