Karin Würmli – fragile-singularitäten-hot-spot
10. Oktober 2025 bis 23. November 2025
Weisse Kreidezeichnungen auf der Scheibe der Telefonkabine von ring ring verwehre den Betrachter:innen zum Teil den Blick ins Innere. Das Objekt wirkt verlassen, nicht mehr in Gebrauch. Telefonkabinen boten einen sicheren Ort um beispielsweise nach
Hause zu telefonieren oder auch, falls nötig, um Hilfe anzufordern. Heute übernehme diese Funktionen die Handys, die Kabinen sind deshalb obsolet geworden und verschwinden. Die Künstlerin Karin Würmli ist für dieses Werk von den leeren Schaufenstern, die sie auf ihren Reisen nach Süditalien immer wieder antrifft, inspiriert worden. Beim näheren Betrachten sieht man in der Kabine eine Keramikskulptur, die etwas erhöht auf einem Sockel steht. Zwei Arme – deren Bestandteile in „Orecchiette“ - Technik geformt wurden – ragen in die Höhe. Zeigefinger und Daumen bilden einen Kreis und implizieren, dass „alles gut ist“. Vulkane, Fruchtbarkeits- und Unendlichkeitszeichen aus Ton sind um die Skulptur plaziert. Es scheint, als ob es sich dabei um ein Orakel handelt, das auf einem Altar gehuldigt wird. Allerdings bleibt unklar, was denn „alles gut ist“, zumal an unterschiedlichen Stellen Risse feststellbar sind. Und inwiefern es sich dabei um einen wichtigen Ort, eben um einen hot – spot, handelt oder ob Karin Würmli mit dem Wortspiel eher auf die heissen Flecken/Vulkane verweist. Und ob sie im Titel fragile – singularitäten – hot – spot auf das Verschwinden der Telefonkabinen Bezug nimmt, auf das nicht mehr telefonieren können oder ob die Künstlerin auf den Begriff des schwarzen Lochs und den Zustand an dem bestimmte Eigenschaften unendlich werden, verweist. Die Skulptur bleibt hinter Glas geheimnisvoll und nicht greifbar.
Karin Würmli (*1977) ist in Florenz, Neapel und Wil aufgewachsen. Sie lebt und arbeitet in Zürich.
2001 schloss Karin Würmli ihren Bachelor in Fine Arts an der F + F in Zürich ab. Es folgten Weiterbildungen in Archäologie, Restauration und Malerei und 2016 vervollständigte sie ihre Kunstausbildung mit einem Master of Fine Arts in Basel.
Während ihren Ausbildungsjahren arbeitete Karin Würmli als Möbelrestauratorin, im archäologischen Dienst und viele Jahre auch in der Galerie Mai 36. Diese Tätigkeite und ihre Kleinkinderjahre in Italien prägen die Künstlerin bis heute. Ihre Herangehensweise unterscheidet sich dabei je nachdem mit welcher Technik sie arbeitet. Zum Beispiel malt Karin Würmli Bilder ohne vorher ein Thema bestimmt zu haben – sie gibt die Kontrolle ab und lässt das Werk entstehen, im besten Fall erreicht sie dabei einen tranceähnlichen Zustand. Anders beim Zeichnen, wo sie versucht in den Fokus zu kommen. Inhaltlich beschäftigt sich Karin Würmli mit Ritualen, Wiederholungen und Fiktion.
Bild: Karin Würmli, Text: Sibylle Meier
Mia Diener – call the tree
28. August 2025 bis 28. September 2025
Mia Diener, (*1982) lebt und arbeitet in Winterthur. Ihre künstlerische Ausbildung
absolvierte sie an der Kunstschule F+F in Zürich. Sie beinhaltete auch ein Austauschsemester in Boston und 2009 erhielt sie ein Atelierstipendium in Kairo. In ihrem Schaffen beschäftigt sie sich mit den Themen Zeit und Natur und damit welchen Umgang wir mit ihr pflegen. Dabei spielt auch Erinnerung eine zentrale Roll und die damit verbundene Vergänglichkeit. Zeit, die zerrinnt. Die Künstlerin arbeite bevorzugt mit ihren Händen und schafft mit analogen Drucktechniken, Collagen Mapping und Malerei. Ihre bevorzugte Arbeitsweise ist die ortsspezifische Installation die sie erzählerisch und poetisch umsetzt. Eine wichtige Inspirationsquelle ist für Mia Diener der Wald und ihre Träume.
Bild: Christian Beutler, Text: Sibylle Meier
Andrea Cindy Raemy – Inorganic sympathy, inorganic symphony
5. Juni 2025 bis 10. August 2025
Andrea Cindy Raemy, (*1980) lebt und arbeitet in Biel/Bienne und absolvierte ihre künstlerische Ausbildung an der ZHdK in Zürich und an der HKB in Bern, dort schloss sie 2024 ihr Studium mit einem Master in Fine Art ab. Andrea Cindy Raemy
arbeitet mit unterschiedlichen Materialen wie Textil, Holz, Metall oder Plastik und schafft Installationen und Skulpturen, die vom Handwerk inspiriert sind und von ihr in den Kunstkontext transformiert werden. Wichtig ist für sie die Prozessarbeit in
Verbindung mit dem jeweiligen Material. Mit dem Einsatz des eigenen Körpers und durch freies Assoziieren entsteht ein neuer Materialismus 2 der dazu beiträgt, dass die Materie in ein Kunstwerk überführt wird.
1 Der Titel der Arbeit ist vom Vortrag "Powers of the Hoard: Artistry and Agency in a World of Vibrant
Matter“ der Theoretikerin Jane Bennet, inspiriert. Andrea Cindy Raemy nimmt Bezug auf folgendenSatz: „It’s made of stuff, I’m made of stuff, there’s an inorganic sympathy, a connection between an object and I.“
2 Die Künstlerin setzt sich mit dem Werk der amerikanischen Physiker*in und Philosoph*in Karen
Barad auseinander, die den neuen Materialismus prägte, https://politicalecology.blogs.unihamburg. de/der-neue-materialismus/.
Bild: Christian Beutler, Text: Sibylle Meier
Samuel Haettenschweiler – Gegen die Linie
Samuel Haettenschweiler – Gegen die Linie
10. April 2025 bis 25. Mai 2025
Vier Bauprofile sind auf dem Areal des Basislagers von weitem sichtbar. Sie markieren die Ecken der Telefonkabine ring ring, die längst ihre ursprüngliche Funktion verloren hat. Sie strecken sich entlang der Kanten empor, neigen sich, biegen sich, dringen in
den Innenraum ein oder ragen in den umgebenden Raum hinaus. Es entsteht der Eindruck, als würde die Kabine erweitert. Anstelle von Abbau und Verschwinden – wie es vielen noch bestehenden Telefonkabinen droht – hier Ausbau und Präsenz. Dieser Impuls wird gebrochen, weil die Profile keine klassischen Absteckhilfen mehr sind, sondern Skulpturen, die ein Eigenleben suggerieren. Sie nehmen Raum in Besitz, werden zu Handlungsträgern und emanzipieren sich so aus der Rolle der passiven Stellvertreter. Gegen die Linie verweist auf eine mögliche Zukunft, eine Fiktion dessen, was sein könnte – und verändert zugleich die Wahrnehmung des gegenwärtigen Orts. Das Werk verhandelt Mechanismen der Verdichtung und der Umgestaltung im urbanen Kontext. Es stellt Fragen nach Themen wie Inbesitznahme von Raum, Gentrifizierung oder auch auf das Verschwinden von Nischen im öffentlichen Raum. Das Basislager kann dabei als Sinnbild für die prekäre Verfügbarkeit von Freiräumen in der Stadt stehen.
Samuel Haettenschweiler, (*1976) lebt und arbeitet in Zürich. Seine künstlerische Ausbildung absolvierte er an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) sowie an der Universität der Künste Berlin, (Institut für Kunst im Kontext) und er schloss 2022 sein Masterstudium in Contemporary Art Practice an der Hochschule der Künste Bern (HKB) ab. 2024 wurde er mit einem Förderbeitrag des Kantons Zug ausgezeichnet und war Stipendiat des Zentralschweizer Ateliers in New York. In seinem künstlerischen Schaffen interessiert er sich insbesondere für den urbanen Raum und dessen Veränderung. Im Spazieren durch den städtischen Raum erkennt Samuel Haettenschweiler Zusammenhänge, die er in seinem skulpturalen Schaffen reflektiert und transformiert. Wichtige Inspirationsquelle ist der Soziologe Lucius Burkhardt, der zu Beginn der 1980er Jahre die Promenadologie (auch Spazierwissenschaft) etablierte.1 Die Architektur spielt dabei eine ebenso wichtige Rolle wie die sozialen Räume. Skulptur, Assemblagen mit gefundenen Objekten, Fotografie und grossformatige Installationen im öffentlichen Raum entstehen, werden in verschiedene Kontexte übersetzt und sollen zu neuen Denkräumen anregen.
1 Die Spazierwissenschaft ist eine kulturwissenschaftliche und ästhetische Methode, die beabsichtigt, die Bedingungen der Wahrnehmung der Umwelt bewusst zu machen und die Umweltwahrnehmung zu erweitern. Sie basiert sowohl auf einer kulturgeschichtlichen Analyse von Formen der Umweltwahrnehmung als auch auf experimentellen Praktiken zur Umweltwahrnehmung wie reflexive Spaziergänge und ästhetische Interventionen. https://de.wikipedia.org/wiki/Promenadologie
Bild: Christian Beutler, Text: Sibylle Meier
Samuel Haettenschweiler, (*1976) lebt und arbeitet in Zürich. Seine künstlerische Ausbildung absolvierte er an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) sowie an der Universität der Künste Berlin, (Institut für Kunst im Kontext) und er schloss 2022 sein Masterstudium in Contemporary Art Practice an der Hochschule der Künste Bern (HKB) ab. 2024 wurde er mit einem Förderbeitrag des Kantons Zug ausgezeichnet und war Stipendiat des Zentralschweizer Ateliers in New York. In seinem künstlerischen Schaffen interessiert er sich insbesondere für den urbanen Raum und dessen Veränderung. Im Spazieren durch den städtischen Raum erkennt Samuel Haettenschweiler Zusammenhänge, die er in seinem skulpturalen Schaffen reflektiert und transformiert. Wichtige Inspirationsquelle ist der Soziologe Lucius Burkhardt, der zu Beginn der 1980er Jahre die Promenadologie (auch Spazierwissenschaft) etablierte.1 Die Architektur spielt dabei eine ebenso wichtige Rolle wie die sozialen Räume. Skulptur, Assemblagen mit gefundenen Objekten, Fotografie und grossformatige Installationen im öffentlichen Raum entstehen, werden in verschiedene Kontexte übersetzt und sollen zu neuen Denkräumen anregen.
1 Die Spazierwissenschaft ist eine kulturwissenschaftliche und ästhetische Methode, die beabsichtigt, die Bedingungen der Wahrnehmung der Umwelt bewusst zu machen und die Umweltwahrnehmung zu erweitern. Sie basiert sowohl auf einer kulturgeschichtlichen Analyse von Formen der Umweltwahrnehmung als auch auf experimentellen Praktiken zur Umweltwahrnehmung wie reflexive Spaziergänge und ästhetische Interventionen. https://de.wikipedia.org/wiki/Promenadologie
Bild: Christian Beutler, Text: Sibylle Meier
Marie-Anne Lerjen – Kabine, berge mich, ich rufe dich
Marie-Anne Lerjen – Kabine, berge mich, ich rufe dich
21. Februar 2025 bis 29. März 2025
Finissage mit Tele-Walk
Samstag, 29. März 2025, 13 Uhr
Treffpunkt: ring ring, Basislager, Aargauerstrasse 60, Zürich
Dauer: 2 Stunden
Kosten: Kollekte
Finissage mit Tele-Walk
Samstag, 29. März 2025, 13 Uhr
Treffpunkt: ring ring, Basislager, Aargauerstrasse 60, Zürich
Dauer: 2 Stunden
Kosten: Kollekte
Mit dem Ausstellungstitel Kabine, berge mich, ich rufe dich scheint die Künstlerin Marie-Anne Lerjen, die Telefonkabine von ring ring zu vermenschlichen. Sie fleht sie namentlich an, so dass das Objekt, die Kabine, zum Subjekt wird und aufgefordert ist, Schutz zu bieten. Zum ersten Mal ist die Kabine für die ring ring-Besucher*innen begehbar. Auch wenn die Telefonkabine längst ihrer ursprünglichen Funktion enthoben worden ist – diejenige des ungestörten Festnetz-Fernsprechens –, bietet sie so dennoch wieder einen geschützten Raum. Auch die Telefonkabinen, die nach wie vor überall in der Stadt stehen, ermöglichen diesen Schutz und sind zudem noch funktionstüchtig. Sechs Performer*innen, die Marie-Anne Lerjen für die Vernissage engagiert hat, rufen sie aus ebensolchen Kabinen von unterschiedlichen, selbst gewählten Standorten im Fünfminuten-Takt auf ihr Handy an. Um Punkt 19 Uhr klingelt es erstmals und im jeweiligen Kurzgespräch wird die Umgebung beschrieben. Auf eine Tafel im Innern der Kabine notiert die Künstlerin die sechs Telefonnummern, währenddessen die Performer*innen sich zu Fuss auf den Weg zur Ausstellung machen. Wie lange es dauern wird, bis alle am selben Ort eintreffen, hängt vielleicht auch davon ab, ob sie ähnlich wie Robert Walser beobachtend gehen: «Ohne Spazieren würde ich gar keine Beobachtungen und gar keine Studien machen können» 1 oder aber, ob sie möglichst schnell und ohne Umwege zum Ziel kommen. Offen bleibt, ob sich Personen während der Ausstellungsdauer in die offene Kabine begeben und es wagen, eine der sechs Nummern anzurufen. Und auch, ob gegebenenfalls am anderen Ende der Leitung jemand antworten wird. Wo die Kabinen stehen, von denen aus die Performer*innen zur Eröffnung telefonieren, erfährt man an der Finissage. Hierfür lädt die Künstlerin das Publikum zu einem gemeinsamen Stadtspaziergang zu den sechs Kabinen ein, auf dem nicht nur beobachtet und studiert, sondern auch über Distanz
nachgedacht wird.
Bild: Christian Beutler, Text: Sibylle Meier
Marie-Anne Lerjen, lebt und arbeitet in Zürich. 2011 hat sie «lerjentours. Agentur für Gehkultur» in Zürich gegründet. Als Spazierkünstlerin hat sie sich dem gehenden Experimentieren verschrieben. Viele von ihr entwickelten Walks gehen der Frage nach, wie man durch die Art, wie man zusammen spaziert, die Wahrnehmung der Orte verstärken kann. Andere Projekte nehmen auf soziale und interaktive Aspekte des Spazierens Bezug oder schöpfen aus der Kunst- und Kulturgeschichte des Gehens. Sie performt, spricht und schreibt über Aspekte des gehenden Weltzugangs und ist Mitglied des International Walking Artist Networks.
Text: Marie-Anne Lerjen
1 Robert Walser: Der Spaziergang. Erstfassung 1917. Suhrkamp. 16. Auflage. Zürich 2021, S. 50.
Performer*innen: Georg Aerni, Christine Bänninger, Ida Dober, Marie-Anne Lerjen, Regula Michell, Hans-Georg von Arburg, Peti Wiskemann. ✆ Niemand erreicht, dann hier anrufen.
Bild: Christian Beutler, Text: Sibylle Meier
Marie-Anne Lerjen, lebt und arbeitet in Zürich. 2011 hat sie «lerjentours. Agentur für Gehkultur» in Zürich gegründet. Als Spazierkünstlerin hat sie sich dem gehenden Experimentieren verschrieben. Viele von ihr entwickelten Walks gehen der Frage nach, wie man durch die Art, wie man zusammen spaziert, die Wahrnehmung der Orte verstärken kann. Andere Projekte nehmen auf soziale und interaktive Aspekte des Spazierens Bezug oder schöpfen aus der Kunst- und Kulturgeschichte des Gehens. Sie performt, spricht und schreibt über Aspekte des gehenden Weltzugangs und ist Mitglied des International Walking Artist Networks.
Text: Marie-Anne Lerjen
1 Robert Walser: Der Spaziergang. Erstfassung 1917. Suhrkamp. 16. Auflage. Zürich 2021, S. 50.
Performer*innen: Georg Aerni, Christine Bänninger, Ida Dober, Marie-Anne Lerjen, Regula Michell, Hans-Georg von Arburg, Peti Wiskemann. ✆ Niemand erreicht, dann hier anrufen.

